Der Glasfaserausbau in den Ortschaften Uthleben und Heringen hat begonnen. Nähere Informationen finden Sie hier.
Geschichte und Literatur des Schlosses
Neues Schloss oder Schwarzburger Haus in Heringen
Dr. Klaus Moser, Karl Sander, Manfred Decker
Interessengemeinschaft Schloss Heringen März 2012
Die Bauforschungen zum Alten und Neuen Schloss werden in wenigen Wochen abgeschlossen. Nach Vorlage des Berichtes werden die Texte nochmals geändert.
Nach dem Tod des Grafen von Hohnstein – Heringen, Dietrich IX., im Jahre 1417 erbten das Schloss und das Amt Heringen mit der Stadt Heringen der Graf Botho, Herr zu Stolberg und der Graf Heinrich von Schwarzburg, Herr zu Arnstadt und Sondershausen, einerseits und die Geschwister des Grafen Dietrich, Lutradis, Ehefrau des Heinrich VII von Gera und Lobenstein und Elisabeth, Ehefrau des Gottschalk zu Plesse andererseits zu je einem Viertel. Wie die Grafen zu Schwarzburg und Stolberg zu ihren Erbanteilen gekommen sind, beschreibt Hoche in seiner „Geschichte der Hohnsteiner“[1] im 9. Kapitel. Seit einer Erbteilung im Jahr 1370 entstanden 2 Hauptlinien, nämlich Lohra – Klettenberg und Heringen – Kelbra.
Aus dem Jahr 1394 ist ein Vergleich bekannt zwischen Dietrich IX. und seinem Vetter Ulrich III. von Kelbra und dessen Sohn Heinrich IX. (der spätere Herr zu Heldrungen), worin sie sich wechselseitig beerben wollten. Dieser Heinrich soll nach dem Tode Dietrichs den Anteil der beiden Hohnsteiner Linien an der Goldenen Aue und Heringen für 2000 Rh. Gulden an die Schwarzbuger und Stolberger verkauft haben. Bereits am 29. Januar 1418 erschienen die Erben in Heringen und ließen sich von der Bürgerschaft als neue Herren huldigen [2]. Zum Schloss heißt es in der Urkunde: „Bau – und Personalposten am Schloße sollen zu gleichen Teilen getragen werden“ [3].
In dieser Zeit gehörten die Orte Görsbach, Auleben, Hamma, Uthleben, Hain, Steinbrücken, Sundhausen, Bielen, Leimbach und Windehausen zum Amt Heringen [4]. Mit Datum 14. Dezember 1432 bekennen die Mannschaft, die Stadt und die Gemeinden der Herrschaft zu Heringen, dass Gräfin Lutrade ihren Erbanteil an die Stolberger und Schwarzburger Grafen verkauft hat[5]. Sie soll dafür 6000 Rh. Gulden erhalten haben[6]. 1439 werden die Eigentumsverhältnisse für Graf Heinrich von Schwarzburg und Graf Botho von Stolberg endgültig geregelt, denn auch die Gräfin Elisabeth, Frau von Plesse, verkauft ihren vierten Teil, am 11.November quittiert die Stadt der Frau von Plesse über 2050 Rfl[7].
Mit dem neuen Lehnsbrief der sächsischen Herzöge Friedrich und Wilhelm vom Januar 1440 endet das Zeitalter der Hohnsteiner in der Goldenen Aue (Heringn und Kelbra)[8]. Die nächsten 100 Jahre sind geprägt durch die geteilten Herrschaftsverhältnisse und die Randlagen der Goldenen Aue in den jeweiligen Herrschaftsgebieten der Grafen. Die Schwarzburger bauen ihre Residenzen in Sondershausen und Frankenhausen aus die Stolberger die Residenz in Stolberg. Erst aus dem Jahr 1568 (2. August) ist ein schon viel zitierter Bericht von Beamten des Grafen von Schwarzburg über den Zustand der „althen Kemnethe“- altes Schloss[9].
Danach steht das Gebäude allein, ohne weitere Anbauten, außer 2 Türmen an der Nordwest- und Südostseite. Die einzelnen Geschosse sind jeweils Stolberger oder Schwarzburger Besitz. Die Bedachung ist schwer geschädigt und das Gebäude ist baufällig. Einzelne Geschossteile werden als Schüttböden genutzt. Dass sich die Grafen von Schwarzburg in dieser Zeit stärker um das Schloss Heringen und das Amt bemühten, hat folgenden Hintergrund. Die Grafen von Stolberg haben ab 1554 große Geldsorgen und leihen sich unter anderem Vom Haus Schwarzburg 20 000 Goldgulden und verpfänden dafür ihren Anteil am Amt Heringen [10].
Graf Wilhelm, Sohn des Grafen Günther XL., regierte nach dem Tod des Vaters gemeinsam mit seinen 3 Brüdern das Haus Schwarzburg. Ihm wurde 1560 Frankenhausen als Wohn- und Residenzort zugewiesen. Er hielt von der gemeinsamen Regentschaft nicht viel und veranlasste eine Besitzteilung. 1570/71 erhielt Graf Wilhelm die Alleinherrschaft in Frankenhausen, den Ämtern und ihren Hauptorten Heringen und Kelbra sowie Strausberg[11]. 1592/1593 ging sowohl die stolbergsche Hälfte der Ämter pfandweise und für Stolberg wiederkäuflich in den Besitz des Grafen Wilhelm über[12]. Durch die hohe Schuldensumme, lt.[13] 132 267 Gulden, gelingt es dem Haus Stolberg nicht, ihren Anteil wieder einzulösen.
Graf Wilhelm I. Herr zu Schwarzburg – Frankenhausen verstarb 1598. Da die Ehen mit Elisabeth, geborene Gräfin Schlick (verst.1590) und Clara, geborene Herzogin Braunschweig – Lüneburg kinderlos geblieben sind, erlosch die Herrschaft Frankenhausen, Amt und Schloss Heringen gehörten zur Herrschaft Schwarzburg – Rudolstadt Unterherrschaft Frankenhausen. Als Leibgedinge (Witwenversorgung) standen der Gräfin Clara Einkünfte aus dem halben Amt Heringen schwarzburgischen Teiles zu. Die Gräfin nahm die Verwaltung Ihres Amtes energisch in die Hand[14]. Sie richtete das Schloss, sie hatte das Schwarzburgische Haus als Wohnung erhalten, nach ihren Vorstellungen ein und bekümmerte sich intensiv um die Belange der Domäne.
Sie verstarb 1658. Die Schlossanlage war nun ohne Funktion. Das Testament der Gräfin verteilte ihr bewegliches Inventar in alle Himmelsrichtungen. Im napoleonischen Krieg 1806 und 1807 erreicht der Kurfürst Friedrich August von Sachsen einen Separatfrieden mit Napoleon, das Kurfürstentum kann seinen Status erhalten und die Eigentumsverhältnisse über diese unruhige Zeit retten. Das rächt sich bei der Neuordnung der Machtverhältnisse 1815 auf dem Wiener Kongress. Sachsen muß große Landesteile an Preußen abtreten, darunter das Amt Heringen.
1816 wird ein Staatsvertrag zwischen dem Königreich Preußen und dem Fürstentum Schwarzburg – Rudolstadt abgeschlossen. Danach gehen alle Rechte auf Preußen über und Schwarzburg – Rudolstadt erhält eine Abfindungssumme von 466 666 Thalern[15]. Schloss und Domäne waren nun Besitz des Königs von Preußen. Heringen mit seinem Amt gehörten jetzt zum Kreis Sangerhausen, Regierungsbezirk Merseburg. Der Ort Leimbach ist bereits 1717 dem Nachbarkreis Kur- Hannover zugeordnet. Es werden die preußischen Reformen wirksam, wie die Einführung des allgemeinen Landrechtes, die Abschaffung der Leibeigenschaft der Domänenbauern, die Aufhebung der Erbuntertänigkeit von Bauern u.a. Amt und Gericht verbleiben auf dem Schlossareal bis 1851.
Danach zieht das Gericht um in dieHauptstraße 97, das Gebäude bezeichnen die Heringer noch heute „Das Gericht". 1836 erreicht der Graf von Stolberg – Stolberg die Übertragung des Amtes Heringen nebst Schloss und Domäne von den Preußen gegen Rückerstattung der Einlösesumme in Höhe des Betrages, den Preußen an die Schwarzburger gezahlt hat[16]. Die Domäne ist bis 1849 an die Fam. Schneidewind verpachtet. Sie bewohnte das sog. „Herrenhaus“. Eine Wetterfahne des Turmes trägt noch heute das Familienkürzel „L.S“. In Vorbereitung einer Verpachtung vom Schloss und der Domäne wurde eine Taxe 1848 über notwendige Reparaturen an den Wirtschaftsgebäuden erstellt[17]. Der erste Pachtvertrag mit der Familie Schreiber wurde 1849 abgeschlossen und 1854 neu ausgehandelt.
Eine umfängliche Inventur aus dem Jahr 1854 als Bestandteil des Vertrages ist überliefert[18] und gibt eine recht detaillierte Beschreibung der Gebäude. Dieser Eigentümerzustand bleibt bis 1945 erhalten. Die Pachtverträge wurden in bestimmten Abständen erneuert, Ein Nachtragsvertrag datiert aus dem Jahr 1926 zwischen Fürst Wolff Heinrich zu Stolberg-Stolberg und der Firma Schreiber & Sohn Nordhausen[19]. Im Zuge der Bodenreform im September 1945 wurde der Grundbesitz Schloss Heringen enteignet und Eigentum des Volkes. Im März 1951 wird die Liegenschaft der Stadt Heringen zur Verwaltung und Nutzung übergeben, eine so genannte „Rechtsträgerschaft“[20].
Die bisherigen Räume des Gerichtes werden mit einfachen Mitteln zu Wohnungen umgebaut, um den Vertriebenen des Krieges Unterkünfte bereitstellen zu können. Die akute Wohnungsnot herrschte bis 1990, so dass erst 1992 die letzten Bewohner dieses Haus verlassen. Im Erdgeschoß des Stolberger Hauses und in Nebengebäuden begann W.Stemmer& Ballhause eine Bautischlerei aufzubauen. 1947 verkaufte er diese Firma und es entstand auf dem Gelände der Domäne jenseits der Helme eine Betonwerksproduktion [21]. Die Bautischlerei zog um in Gebäude der eh. Fabrik Schreiber. Daraus entstand das Möbelwerk Heringen.
Nach dem Auszug der Tischler aus dem Alten Schloss nutzte die entstandene LPG Neue Kraft ab 1960 bis 1970 das Erdgeschoß und die 1. und zweite Etage zur Hühneraufzucht. Der Kuhstall, erbaut 1914 durch die Fa. Schreiber, wurde durch die LPG Tierproduktion bis zu deren Insolvenz 1992 genutzt. Mit dem Untergang der DDR am 3.10. 1990 wurde das Schloss und die Domäne, ohne die Ländereien, Eigentum der Stadt Heringen.
Während die Baugeschichte des Stolberger Hauses durch die begleitenden Bauforschungen der Sanierungsphase 2005-2012 nun abgerundet ist[22], ist abzuwarten, welche Erkenntnisse die Bauforschung zur Entstehungszeit des Gebäudes erbringt. Es wird über den derzeitigen Wissensstand berichtet.
Die erste schriftliche Erwähnung über die zeitliche Einordnung der Erbauung des Schwarzburger Hauses datiert vom 2. May 1625. Antonius Feber berichtet dem Grafen Ludwig Günther über das Wittum in Heringen ...“was die Besonderheit des Schlossgebäudes anlangen tut, ist mir anders nicht wissent, als das selbige sei von Weyland Graf Hans Günther zu Schwarzburg wohlsehligen Andenkens von Grund aus erbauet..“[23] Graf Johann (Hans) Günther (1532-1586 regierte gemeinsam mit seinem Bruder Günther XLI. das Haus Schwarzburg, bis 1570/71 die Teilung erfolgte. Daraus kann man schlußfolgern, daß der Bau vor 1570 entstand. Ein eventueller Widerspruch zur Aussage in /9/ von 1568, wonach das alte Schloss allein und ohne Anbauten steht, kann damit erklärt werden, dass der Südwestturm als Verbindungsturm erst später eingefügt wurde. Der Fundamenthorizont liegt wesentlich höher als die der Schlossflügel. Es gibt auch keine Verzahnung des Fundamentmauerwerkes. Diese Feststellungen konnten bei der Freilegung der Außenmauern des Kellers 2011 gemacht werden. In der Höhenlage der Geschosse paßt sich der Turm dem neuen Schloss an. Das Stolberger Haus, hier genannt das Hohe Haus, wurde 1568-1572 umgebaut mit einer Aufwandssumme von 9 505 Gulden[24]. 1578 entstand im Auftrag des Lehnsherrn, des Kurfürsten von Sachsen eine Straßenkarte[25] des Südharzes, eine Kopie wird im Schloss Heringen ausgestellt. Ein Ausschnitt daraus zeigt die Silhouette der Schlossanlage, aber wahrscheinlich vor dem Bau des Schwarzburger Hauses.
Prägend ist der “Hohe Turm“, der in der Brandpredigt von Rupertus zum großem Brand 1590 in der Stadt Heringen erwähnt wird „…da das Fewer den höltzern Gang am höchsten Thurm am Schlos…ergriffen…“[26]. Die Fundamente dieses Turmes sind südöstlich vom Neuen Schloss auszumachen. Wenn die Umfeldgestaltung des Schlosses in Angriff genommen wird, sollte das Fundament erkundet und vermessen werden.
Graf Wilhelm wird nach 1590 an seiner Residenz in der Golden Aue und an dem Witwensitz für seine erste und zweite Gemahlin nur noch wenig getan haben[27]. In einer Akte aus dem Jahr 1598 nach dem Tod des Grafen heißt es: Das Schwarzburgische Haus zu Heringen ist sehr baufällig.[28]
Am 15. Februar 1599 zog die Gräfin Clara von Frankenhausen nach Heringen. Ihre Wohnung befand sich im Schwarzburger Haus im niedrigen Stocke im dritten Geschoß, eine Beschreibung der Räumlichkeiten findet man in einer Inventar-Wiedergabe aus dem Jahr 1658[29] nach dem Tod der Gräfin.
Beschwerlich war ihr Kampf um die Erhaltung ihres Witwensitzes. Davon zeugt auch der erhalten gebliebene Schriftverkehr. [30]. Die Gräfin habe bei ihrem Einzug „keinen bequemen Tisch banck oder bettgespon im hause gefunden“. Sie nahm zahlreiche Verbesserungen selbst vor „dass sie über 1 000 fl in Stuben, Cammern und dem ganzen Hause bessern, bauen und anrichten lassen“[31].
Für die nächste ca.100 Jahre fehlen uns Berichte über den Zustand des Schwarzburger Hauses. Aussagen zum großem Brand der Stadt 1729, wonach das 3. Geschoß des Hauses beschädigt worden sei und deshalb zurückgebaut worden sei, stimmen nicht, wie weiter folgend zu berichten sein wird.
Interessant ist wieder eine Silhouette der Stadt Heringen aus dem 18. Jahrhundert, auf einem Spruchblatt, das Original befindet sich im Schlossmuseum Heringen, die bisher wenig glaubhaft war durch das noch vorhandene 3. Geschoß und der Darstellung des Hohen Turmes, der in keiner Chronik bisher Erwähnung fand. Die handschriftliche Eintragung ist von der Datierung her interessant.
"Mit dießen Schlechten, aber wohlgemeinten Zeilen,
Recomertiret sich ein unthertäniger Knecht.
G.N: Cleve
Porceleyn fabricant
Ex.Hallensis
D: 10. Martius
1775”
Der Spruch, auf Papier gedruckt, ist tatsächlich einfältig. Aber der Inhalt interessiert hier nicht, sondern die untere Darstellung des Heringer Erscheinungsbildes, welches hier näher zu betrachten ist:
Die Darstellung zeigt die Silhouette Heringens nach den großen Brand 1729, der auch die Kirche mit ihrem Glockenturm schwer beschädigte. Beim Beginn des Wiederaufbaus der Kirche 1738 stellte sich heraus, dass der Turm nicht zu reparieren sei. Die Reste wurden abgetragen. Der Turm an der Hauptkirche St. Michaelis zu Heringen fehlt in der Darstellung bis heute. Die obige Abbildung ist also nach 1738 und vor 1775 entstanden.
Ein vergrößerter Bildausschnitt des Schlosses zeigt Details der beiden Schlossgebäude:
Wesentliche Merkmale des Neuen Schlosses sind die 3 Geschosse, das Satteldach und der große Erker oder Mittelrisalit in der Mitte der Fassade. Die senkrechte Linien können die Regenrohre sein. Der Hohe Turm südwestlich vom Neuen Schloss ist ebenfalls noch vorhanden, nur wesentlich schlanker gegenüber der Darstellung um 1578. Wahrscheinlich hat auch der große Brand 1590 dazu geführt, den Turmkopf umzubauen, zu verschlanken.
Anfang des 19. Jahrhunderts gibt es wieder Dokumente in den Archiven zum Schwarzburger Haus. Auslöser für den Schriftverkehr ist der schlechte Zustand dieses Hauses.
Am 9.Juni 1800 nahm der Landjägermeister von Holleben das hiesige herrschaftliche Schloss in Augenschein und befand für den Schwarzburgischen Teil dieses Schlosses „dass das darauf befindliche Schieferdach (Satteldach) sehr wandelbar und dass es nöthigst was zu thun sei,…..es am besten zu sein die Schiefern ganz abzunehmen und an deren statt Ziegeln aufgelegt würden“. Weiter an anderer Stelle „…In dem Dache würden die vorhandene großen sichtbaren Erker… abzunehmen sein. Zuforderst aber und ehe die Veränderung mit dem vorzunehmen, würde auszumachen sein, ob die obere Etage zu erhalten oder abzunehmen und das Dach auf die untere Etage zu setzen“. Zum Zustand des Stolberger Hauses bemerkt er „Die Stolbergische Hälfte ist merklich besser …,würde gegenwärtig keine Reparatur weiter als die des Daches nötig zeigen.
Der Bericht, niedergeschrieben von Abraham Ludwig Günther Schild macht auch deutlich, dass die Naturalsteuern der noch abhängigen Bauern, Fruchtzinsen genannt, gekoppelt sind an der Existenz des Schlosses. Gleichzeitig wird ein Vorschlag gemacht: „…gleich bei dem Schloße stehenden beyden Gebäude sowohl der Amtsverwaltung als das Amt Haus sehr baufällig (sind),... wenn das Schloß repariert, ..., und dem Justiz und Rechnungsamtmann in dem Schloße die nöthigen Zimmer angewiesen werden könnten.
Den größten Theil der Reparaturkosten würden die nöthigen Ziegeln und die Tagelöhne der Handwerksleute ausmachen- das Holz größten Teiles noch gut ist- die nöthigen Baufuhren von den Fröhnern zu verrichten sind“.[32]
Der Vorschlag, Rent- und Gerichtsamt in das Schlossgebäude zu verlegen, macht klar, dass beide Schlossgebäude nach dem Tod der Gräfin, nicht mehr hoheitlich genutzt wurden. Bereits am 5.Juli 1800 verfasste Ludwig Schild in Frankenhausen einen Schriftsatz über die Besichtigung des Heringer Schlosses durch Zimmermeister Weißgerber und Maurermeister Kratz. Die beiden Meister wurden beauftragt, nochmals eine Besichtigung im Beisein des Landjägermeister von Holleben vorzunehmen und anschließend einen „.. ordentlichen Anschlag von sämtlichen Kosten zu fertigen“.[33]
Der „Bauanschlag“[34] der Handwerksmeister Weißgerber und Kratz wurde zum Dezember 1800 eingereicht (siehe Anlage). In den Vorbemerkungen erläutern sie, dass das Dach mit ihren Frontespic , könnte auch stehen für Erker, durch die vielen Kehlen u.a. an vielen Stellen sehr schlecht ist, Träger , Balken und Sparren verfault sind. Anmerkung: Frontespice steht für einen Frontgiebel, dieser schließt einen Mittelrisalit ab, ein Vorsprung der Außenfassade. Ein solcher Mittelrisalit ist aber am Gebäude nicht nachweisbar. Aus den Anmerkungen, wie aus de Zustandsbeschreibung vom Juni 1800 wird nicht eindeutig klar, ob das Gebäude nur ein Erker zum Hof hin hatte, sondern auch einen solchen in der Westfassade. Des weiteren schlagen sie vor, das Dach als Mansarddach mit Walmdächern an den Nord – und Südgiebeln auszuführen. Das 3. Obergeschoss soll abgetragen werden, „…weils eine schwache Mauer ist und äußerlich vom Wetter die Steine mürbe geworden sind und innerlich befindet sich Bleichwerk (Fachwerk mit verputzten Flechtwerk), welches durch Regenwasser…verfault ist…..aber die zwey untersten folgenden Etagen zum guten Gebrauch zu bewohnen werden können, sind zu regulieren und zu reparieren….“.
Es werden 3486 Reichsthaler und 12 Gulden als Baukosten von den Meistern veranschlagt. Der Herr Bergrath Bunge in Rudolstadt schätzt die Gesamtkosten auf 5000 Reichsthaler[35]. Das Vorhaben wurde von den Kanzleien in Frankenhausen und Rudolstadt genehmigt, denn am 28. Sept. 1801 berichtet der Heringer Rentamtmann Schneidewind über das Richten des Daches:
Das Richten des Schlossdaches ist am 26.Sept. vollendet, und Gottlob ohne das Jemand bey dieser gefährlichen Arbeit Schaden genommen hat, und nachdemam 27.Sept. am Sonntage der Zimmer Gesell Engelha(e)rdt nach der Nachmittagskirche den Strauß nach gehaltener gewohnl. Rede aufgesteckt hätte, so ist den Zimmerleuten die bewilligte Mahlzeit gegeben worden; So zur Nachricht zu bemerken gewesen.
Schneidewind[36]
Der Dachausbau, der Umbau der Etagen zu Amtsstuben und Wohnungen für den Amtsvorsteher dauerte dann noch bis zum Herbst 1803. Die „Schloß,bau-Rechnung vom[37].
21.Januar 1804, eingereicht vom Rentamtmann Schneidewind beim Fürstlichen Schwarzburgischen Rent – und Forstdepartement Rudolstadt endet mit einer Kostensumme von 5 757 Reichsthaler und 16 Gulden. Die Rechnung ist gut gegliedert und umfasst alle Baugewerke und Materialien der damaligen Zeit. Was bei der Aufstellung deutlich wird, dass keine Steinmetzarbeiten im größerem Umfang ausgeführt wurden und keine Putzarbeiten. Die noch zum Stand vom März 2012 vorhandenen alten Putzflächen an der Ostseite des Schwarzburger Hauses stammen demnach aus der Errichtungsphase des Baus im 16. Jahrhundert. Amtmann Schneidewind musste die Überschreitung der veranschlagten Kosten begründen[38]. Die Kostenerhöhungen seien entstanden durch die zusätzlichen Reparaturen der Decken und das alle Wände neu eingesetzt wurden„ und überhaupt alles, ausgenommen der äusern Wände, in den beyden obern Etagen ganz neu gebauet werden musste,…“.
Abgeschlossen wurde der Umbau dieses Hauses durch die Mitteilung des Fürstlichen Rent- und Forstdepartment, dass „Serenissimus ( Durchlaucht) gnädigst resolviren geruhet“, die Ausgaben aus dem Geld, Frucht, Mietzins u.a. des Amtes zu begleichen sind.[39] In den folgenden Jahren wird in den Berichten des Amtmannes Schneidewind immer wieder über Mängel an den Abtritten (Geruchsbelästigung) und den Schornsteinen geklagt, zum Beispiel 1815[40]. Eine Federzeichnung von August Stapel aus dem Jahr 1839 [41], zeigt etwas von der Ostfassade des Schwarzburger Hauses, auch ein etwas verschwommenes Detail von dem Portal dieses Hauses.
1854 wird im Rahmen des Abschlusses des Pachtvertrages mit Schreiber 1854, siehe Abschnitt 1, wird folgender Bauzustand der Schlossgebäude taxiert:
Nr.1 das alte Schloß | baufällig | Benutzung: Schüttböden |
Nr.2 das kleine Schloß | guter Zustand | Wohnung des Rentbeamten |
Sitz des Gerichtsamtes [42] |
Der Bericht wird fortgesetzt!
[1] Hoche, S.121 ff.
[2] ThSTA Rudolstadt, Alte Sondershäuser Urkunden, Reg.Nr. 1436 A u. B
[3] ThSTA Rudolstadt, Hessesche Collectaneen A VIII 7a Nr.16, Reg.Nr. 1436 A u. B Transkript der Urkunde
[4] Hiller 1927, Geschichte der Stadt Heringen, S.54
[5] ThSTA Rudolstadt, Hessesche Collectaneen A VIII 7a Nr.16, Reg.Nr. 1640
[6] Hiller 1927, Geschichte der Stadt Heringen, S. 55.
[7] ThSTA Rudolstadt, Hessesche Collectaneen A VIII 7a Nr.16, Reg.Nr.1799
[8] Hiller 1927, Geschichte der Stadt Heringen, S. 56
[9] ThSTA, Geheimes Archiv B VII 6a Nr.9, Bl. 2-6
[10] Kuhlbrodt 2009, Clara von Schwarzburg, Lesser-Stiftung Bd.20/1 S.46 und 47
[11] Kuhlbrodt ebenda, S.23
[12] Kuhlbrodt ebenda, S.47
[13] Hiller ebenda, S.98
[14] Kuhlbrodt ebenda, S.80
[15] Hiller ebenda, S.180
[16] Hiller ebenda S.189
[17] LHA Magdeburg Rep.Stolberg-Stolberg C XXI Abt.1 Nr.9 S.19-20
[18] LHA ebenda S.75-127
[19] Nachtragsvertrag zum Pachtvertrag 10.Nov.1928, Stadtarchiv Heringen, ohne Registratur
[20] Urkunde vom 22. März 1951, Stadtarchiv Heringen, ohne Registratur
[21] Moser, Geschichte der Universalbeton GmbH 2009 unveröffentlicht
[22] Bettge 2010 Bauforschungen am Schloss in Heringen, Beiträge zur Geschichte aus Stadt und Kreis Nordhausen 35. Band /2010
[23] LHA Magdeburg Rep. A34 I B Nr.11 54v, 54r
[24] ThStA Rudolstadt, Kanzlei Frankenhausen, FXIV, 2c Nr.3
[25] Hauptstaatsarchiv Dresden Nr. 12884 Karten und Risse Schr. 1 Fach 24 Nr. 5
[26] ThStA Rudolstadt …
[27] Kuhlbrodt ebenda S.65
[28] ThStA Rudolsstadt, Kanzlei Rudolstadt, B1 5e Nr.11,Bl. 101 v
[29] Kuhlbrodt ebenda S.81
[30] Kuhlbrodt ebenda Bd. 20/2
[31] ThStA Rudolstadt, Kanzlei Rudolstadt, B VIII 3a Nr.3
[32] LHA Magdeburg Rep. H Stolberg-Stolberg C XXIV Abt.5 Nr.13 Seiten 1r bis 3v
[33] LHA Magdeburg ebenda, Seiten 4r bis 5r
[34] LHA Magdeburg Rep. H Stolberg-Stolberg B Ortschaften:c) Heringen Nr.32/2 Seiten 2r bis 8r
[35] LHA Magdeburg enbenda Seite 23v
[36] LHA Magdeburg ebenda Seite 21v
[37] LHA Magdeburg ebenda Seite 29r bis 32v
[38] LHA Magdeburg ebenda Seite 33v bis 34v
[39] LHA Magdeburg ebenda Seite 35r
[40] LHA Magdeburg ebenda Nr.32/6 Seiten 6r
[41] Marienbibliothek Halle, Bestand August Stapel
[42] LHA Magdeburg ebenda Nr.32/8 Seiten 36v bis 37r
Das Buch zum Heringer Schloss:
„Clara von Schwarzburg – eine geborene Herzogin von Braunschweig-Lüneburg in Heringen/Helme“
Der Autor:
Dr. Peter Kuhlbrodt, Nordhausen, Jahrgang 1941, promovierter Historiker, Mitglied der Historischen Kommission für Thüringen
Das Buch:
Zum erstenmal wird das Leben der Gräfin Clara von Schwarzburg ausführlich dargestellt, die fast 60 Jahre als Witwe im Schloss zu Heringen lebte.
Inhaltliche Schwerpunkte:
Clara Prinzessin von Braunschweig-Lüneburg
Ihr Leben in der elterlichen Residenz Celle, ihre Geschwister, der Tod des Vaters
Clara Gräfin und Frau zu Schwarzburg
Ihre Ehe mit Graf Wilhelm von Schwarzburg-Frankenhausen, Erkrankung, Ende und Beisetzung des Grafen Wilhelm
Clara Gräfin und Frau zu Schwarzburg Witwe
Ihr Wittum: Amt und Schloss Heringen
Die Vormundschaft, der Witwenhof zu Heringen, Alltag und Unterhaltung bei Hofe
Besuche fürstlicher Standespersonen
Die Wahl ihrer Pflegetochter Anna Sophia zur Äbtissin von Quedlinburg
Das Ringen der Witwe um Einhaltung der Bestimmungen des Ehevertrages
Die Fürstin als klug wirtschaftende Guts- und Wittumsherrin
Stadt und Amt Heringen im Dreißigjährigen Krieg
Das Ende der Fürstin Clara
Gegenseitiges Misstrauen der Fürsten- und Grafenhäuser
Leichenbegängnis in Heringen und Beisetzung in Frankenhausen
Ihr Testament – der Reichtum der Fürstin – Streit um das Erbe
Im 2. Teil werden ca. 450 Briefe der Fürstin und andere Dokumente teils vollständig, teils in Auszügen veröffentlicht.
Die gesamte Darstellung beruht auf bisher unveröffentlichten Akten und Urkunden zahlreicher Staats- und Stadtarchive.
Erschienen im REGIONALE-Verlag Auleben